Bereits seit fünf Jahren ist der 36-jährige Diplom Sportwissenschaftler Tobias Goerlich beim TVA Hürth als Trainer und auch im Vorstand aktiv. Vier Jahre davon leitete er u.a. die Geschicke der zweiten Herrenmannschaft und erreichte dabei zwei Aufstiege. Seit dieser Saison ist er als Cheftrainer für die ersten Herren in der Dritten Liga verantwortlich.
Goerlich spricht über die Herausforderungen nach dem großen Umbruch des letzten Jahres, die Entwicklung seines Teams während der Saison und die entscheidenden Faktoren für den erfolgreichen Klassenerhalt.

Herzlichen Glückwunsch zum Klassenerhalt, Hr. Goerlich. Sind Sie mit der bisherigen Saison zufrieden?

Auf jeden Fall, auch wenn die Saison mir einige neue graue Haare beschert hat (lacht). Unser erklärtes Ziel war, die Klasse zu halten. Das haben wir geschafft. Meine Einschätzung war zurückblickend genau richtig. Dass wir dafür allerdings knapp die Hälfte der Spiele gewinnen müssen, hätte ich nicht gedacht. So können wir aber umso stolzer auf uns sein.
Gerade zu Beginn der Saison hat man gemerkt, wie positiv die Jungs an die Sache herangegangen sind. Es gab wenig Druck, jeder um uns herum hat erwartet, dass wir verlieren würden. Der Start mit drei Siegen war dann natürlich phänomenal für uns. Gerne zurück denke ich aber auch an unsere überragenden Spiele in der Rückrunde zuhause gegen Aligse und Düsseldorf – und natürlich an das Match auswärts in Solingen, als wir mit Hilfe der Fans daraus ein Heimspiel gemacht haben. Das war schon ziemlich fett. Letztlich haben wir diese Spiele nur wegen unseres tollen Teamgefühls gewonnen, individuell waren uns die anderen Teams sicher in manchen Bereichen überlegen.
So schön der Klassenerhalt für uns ist, so bitter ist es für Gievenbeck oder Aachen. Aber es muss eben ein Team treffen.

Vor der Saison gab es einen großen Umbruch. Keiner der ehemaligen Spieler der ersten Herren ist geblieben.

Das ist richtig. Als klar war, dass tatsächlich kein einziger der alten Zweitliga-Spieler im neuen Kader der ersten Herren stehen würde, war das aber auch eine große Chance. Es gab einen echten Umbruch. In dieser Saison haben dann auch wirklich nur Spieler in der Mannschaft gespielt, die sich völlig mit dem Projekt „Klassenerhalt“ und dem TVA identifiziert haben.
Insgesamt habe ich ein anderes Gefühl im Verein wahrgenommen. Ein Ziel war, ein Konstrukt zu schaffen, bei dem beide Seiten mit Spaß an der Sache arbeiten können. Ich denke, das ist in weitesten Teilen gelungen.

Der Stamm des neuen Teams besteht aus einem Großteil Ihrer ehemaligen Herren 2 Spieler.

Richtig. Neun Spieler, die letztes Jahr sportlich aus der dritten Liga abgestiegen sind und die ich schon aus den letzten Jahren kannte. Dazugekommen sind drei Spieler, die vorher in der Verbands- oder Oberliga gespielt haben – und ein kleiner Japaner (lacht). Allen muss ich ein riesen Kompliment ausdrücken. Jeder hat sich individuell sportlich verbessert. Unsere Neuzugänge haben menschlich super zu uns gepasst, haben sich vor allem schnell an das deutlich höhere Niveau und die veränderten Anforderungen gewöhnt. Zu Beginn habe ich von außen sicher auch Skepsis gespürt, ob Dritte Liga mit diesem Kader gut gehen würde. Wir haben gezeigt: es geht!

Das klingt aber schon nach Druck.

Natürlich bedeutet das auch Druck. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich da nicht beim Einschlafen dran gedacht hätte. Aber letztlich macht mir Arbeit unter Druck auch verdammt Spaß. Sonst würde ich es nicht machen. Den größten Druck mache ich mir selber, im Verein spüre ich viel Vertrauen, da wird mir der Rücken so gut es geht freigehalten. Letztlich ist es in so einer langen Saison für mich als Trainer nicht leicht, immer das richtige Maß an Anspannung und Lockerheit im Training und den Spielen zu finden.

Wenn von außen keine Spieler mit Erfahrung auf dem Niveau dazugekommen sind, heißt das ja, dass die vorhandenen Spieler besser werden mussten um das Ziel Klassenerhalt zu schaffen.

Richtig. Das Team hat individuell und kollektiv riesige Fortschritte gemacht, in jedem Element: Mit dem Aufschlag können wir mittlerweile eine Menge Druck ausüben, in der Annahme sind wir stabiler geworden, im Angriff haben wir mehr Varianten drauf. Auch in Block- und Feldverteidigung sind wir auf einem guten Weg. Insgesamt sind wir klar besser aufgestellt als noch in der letzten Saison.
Der Schlüssel hierfür liegt für mich in unserer super Arbeit im Sommer. Wir erinnern uns noch alle an den Rekordsommer 2018. Und auch bei 40° waren die Jungs in der Halle und haben geschuftet. Um so mehr freut mich, dass sich die ganze Arbeit bezahlt gemacht hat. Schweiß schweißt zusammen. Wir sind ein verschworener Haufen, jeder kämpft für jeden und gönnt dem anderen die Spielanteile. Das war sicher eines der Rezepte, weshalb wir dieses Jahr so stark gewesen sind. Genauso wichtig war, während der Saison dreimal trainieren zu können. Die regelmäßige dritte Einheit am Freitag tut einfach gut und gibt eine Menge Sicherheit. Auch wichtig für uns waren die hohe Trainingsbeteiligung, und dass wir bei Ausfällen Spieler aus unteren Teams im Training hatten. Für mich eine echte win-win Situation: Wir haben optimale Bedingungen und Spieler aus unteren Teams können in die Herren 1 „reinschnuppern“, an das höhere Niveau herangeführt werden oder sich eine zusätzliche Trainingseinheit abholen. Generell schätze ich den Umstand, dass sich die Teams beim TVA gegenseitig so aushelfen.
Wichtig ist mir hier auch die Kommunikation. Ich versuche viel mit meinen Spielern zu sprechen und das Team in Entscheidungen mit einzubeziehen. Klar ist, dass der große Rahmen von mir als Trainer vorgegeben werden muss, aber ich bin offen für Anregungen meiner Spieler und vertraue auch auf ihre Meinung.

Alles in allem also viel Arbeit.

Ja, das war sicher meine intensivste Volleyball Saison. Und als Trainer habe ich in 16 Jahren schon einiges erleben dürfen.

Das sportliche ist ja eine Sache, in der Dritten Liga gehört ja aber auch eine Menge Organisation dazu.

Das stimmt – und hier muss ich Komplimente verteilen. Um viele Dinge musste ich mich nicht kümmern. Die Jungs haben die ihnen übertragenen Aufgaben extrem zuverlässig erledigt. Ein großer Dank geht auch an die Abteilungsleitung und die vielen ehrenamtlichen Helfer, die uns beim Auf- und Abbau, als Ballkinder und Wischer, beim E-Scoring, als DJ, Hallensprecher, beim Ticket- und Getränkeverkauf geholfen haben. Ich sehe in der Halle so viele Gesichter, die mit einer Selbstverständlichkeit mit anpacken und die diese TVA-Familie ausmachen. Darauf bin ich unfassbar stolz. Ohne die wäre 3. Liga in Hürth nicht möglich. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei den tollen, mitfiebernden Zuschauern, die ein wesentlicher Bestandteil für unsere Heimstärke gewesen sind. Bitte unterstützt uns weiter so.

Jetzt steht noch ein Spiel aus.

Richtig, für uns wird das in doppelter Hinsicht besonders: Zum Einen können wir seit mehreren Wochen das erste Mal wieder frei und ohne Druck aufspielen, zum Anderen hat unser Geschäftsführer Oli Sievert bereits im Januar einen Reisebus organisiert. Wir werden also mit ca. 40 Fans bei unserem letzten Saisonspiel gegen die „Tebus“ auflaufen. Das wird sicher eine große, und auf dem Rückweg feucht-fröhliche Sause für alle. Das Team und ich freuen sich schon sehr darauf.

Gibt es schon Pläne für die nächste Saison?

Ja, nach der Saison ist vor der Saison (lacht).

Das heißt, Sie werden auch nächstes Jahr als Trainer weiter machen?

Ja. Trainer sein macht riesig Spaß, ist ja aber auch ein echter Zeitfresser. Die Trainings und die Orga Drumherum, die weiten Auswärtsfahrten… ohne Verständnis in der Partnerschaft wäre das nicht möglich. Da habe ich wirklich Glück mit Eva, die aus demselben Sport kommt und das Geschäft kennt.

Was sind die nächsten Schritte?

Die ersten Gespräche werden wieder zeitnah geführt: wer macht weiter, wer hört auf, wer möchte kürzertreten? Ich werde auch wieder alle Interessierten aus den anderen TVA-Teams zu Probetrainings einladen. Sicherlich wird es auch wieder von außen etliche Anfragen geben. Das lasse ich alles auf mich zukommen.
Nach ein bisschen Pause und meinem Urlaub Mitte Mai freue ich mich dann auch wieder auf die Vorbereitung. Es gibt noch viele Dinge zu verbessern und optimieren.

 Ab nächster Saison wird es im direkten Umfeld eine weitere Drittliga Mannschaft geben: Junkersdorf. Wie stehen Sie dazu?

Ich freue mich. Eine Stadt wie Köln hat aber eigentlich mehr als nur zwei Drittligamannschaften verdient. Bei einer Million Einwohnern, vielen volleyballbegeisterten Menschen und einer Sporthochschule ist es schon traurig, dass wir keine erste Liga bieten können. Dafür gibt es ja leider vielfältige Gründe. Deshalb: ich freue mich auf die Lokalderbys und wünsche Junkersdorf alles Gute in der neuen Liga.

Bevor es in die verdiente Pause geht, steht noch das Bezirkspokalfinaleam 13. April an. Weitere Infos hierzu in Kürze.

 

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